Auch Ameisen helfen ehrenamtlich…

by Andrej Bagoutdinov on 3. April 2012

Ein soziales Netzwerk aus Roten Ameisen.

Ich sehe ja eigentlich so gut wie nie fern und verwende den Fernseher eher als einen zweiten Computerbildschirm. Aber gestern habe ich mich aus Versehen auf die Fernbedienung gesetzt, als zufällig gerade die Serie “Touch” mit Kiefer Sutherland begann. Anscheinend hatte jemand auch eine ungeöffnete, gekühlte Flasche Bier und eine noch warme Pizza in der Nähe des Sofas vergessen, sodass ich mich dafür entschied, dem Schicksal seinen Lauf zu lassen.

Die Serie ist gar nicht schlecht, auch wenn mich die Sache mit dem Vorhersagen der Zukunft stark an die Serie “Allein gegen die Zukunft” (orig. “Early Edition”, 1996) erinnert hat, in welcher der Held jeden Tag die Chicago Sun-Times von Morgen auf seiner Türschwelle findet. Ironischweise ist der Held der Serie im Jahre 1996 ein Börsenmakler, während 18 Jahre später das Böse nun von einem betrügerischen Finanzunternehmen verkörpert wird, das die Leute durch zweifelhafte Verträge um ihr Geld bringt. Aber ich schweife ab. Eigentlich sehe ich ja nie fern.

Zu Beginn dieser interessanten und ein wenig verwirrenden Folge werden nämlich sog. Rote Feuerameisen gezeigt. Diese haben eine faszinierende Überlebensstrategie entwickelt, die zum Einsatz kommt, wenn Ihre Nester im Urwald von Überschwemmungen bedroht werden: Sie verhaken sich ineinander und bilden durch die Verkettung ihrer Körper ein Floß, das sich der Oberflächenspannung des Wassers bedient, um nicht unterzugehen. Die restlichen Ameisen, vor allem die Königin, klettern auf dieses Floß, und werden so von den, wenn man so will, ehrenamtlichen “Floßameisen” gerettet. (Wer es nicht glaubt, der klicke auf den Link oben für eine grandiose Bildershow). Anscheinend ertrinken nicht einmal die “Floßameisen” dabei, sodass durch diese Zusammenarbeit bestenfalls keine Ameise durch die Überschwemmung sterben muss.

Den Rest der Serie habe ich dann nicht mehr verfolgt, weil ich ganz fasziniert alles Auffindbare zur Feuerameise und anderen Ameisenarten im Internet gelesen habe. Die ganze Geschichte gibt mir aber durchaus im Hinblick auf krisenresistente Gesellschaftsformen zu denken. Zwar ist die einzelne Ameise auch in der Lage vorsichtig über Wasser zu gehen. Sie kann aber leichter durch Regentropfen unter die Wasseroberfläche gedrückt zu werden. Verketten Sie sich hingegen, kann man sie kaum noch untertauchen, weil sie einen einzigen Körper bilden, der im Verhältnis zu seinem relative geringen Gewicht eine viel größere Fläche hat und somit nur bei großer Krafteinwirkung untergehen kann. Das geniale Prinzip, das die Ameisen anwenden, verbindet kollektive Organisation mit individuellem Kontakt.

Wir Menschen haben auch alle möglichen gesellschaftlichen Mechanismen entwickelt, um einander vor dem Untergehen zu bewahren. Wir kennen kollektive Formen der Hilfe, wie die Sozialversicherung bzw. Steuern und Abgaben, und solche, die individuellen Kontakt voraussetzen, wie Beratungsstellen, Stiftungen, Vereine und natürlich das Ehrenamt. Ich würde mir aber wünschen, dass wir uns in Zeiten der individuellen wie auch kollektiven Bedrohung, wie die Rote Feuerameise verhalten, nämlich organisiert handeln und die Nähe zum Anderen nicht scheuen, um zu verhindern, dass Einzelne untergehen. Das heißt:

  1. Keine Angst vor der Vernetzung bzw. Verkettung. Engagement in Vereinen, Stiftungen, Organisationen und Netzwerken wie z.B. Doogood ist angesagt. Dies erlaubt uns Menschen erst organisiert zur Tat zu schreiten.
  2. Keine Angst vor dem körperlichen oder geistigen Kontakt mit fremden Artgenossen bei der Ausübung des Ehrenamtes. (Die “Flöße” werden dadurch gebildet, dass sich die Ameisen mit ihren Greifwerkzeugen an die Beine des Nachbarn klemmen. Sie reichen sich sozusagen die Hände Beine).

Tja, wie immer kann der Mensch viel von seiner Umgebung lernen. Er muss nur seinen Hintern in Bewegung setzen (manchmal den Hintern auf die Fernbedienung draufsetzen).

In diesem doppeldeutigen Sinne: Bis spätestens nächste Woche. Und nicht vergessen: Es gibt nichts GOODes aus man DOOt es!

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